Wärmenutzung aus BHKW wird billiger
Finanzverwaltung akzeptiert Marktpreis
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Das Bundesfinanzministerium (BMF) regelt unterschiedliche Fragen zur Umsatzbesteuerung von Blockheizkraftwerken (Erlass des BMF v. 19. September 2014, IV D 2-S 7124/12/10001-02).
Wesentliche Punkte sind:
Die Anerkennung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 12.12.2012,
die Reduzierung der Entnahmewerte der Wärme,
Regelungen für Stromspeicher und zur
Umkehr der Steuerschuld bei Wiederverkäufern von Strom.
Urteil vom 12. Dezember 2012 wird anerkannt
Das seit langem beim BFH abrufbare Urteil wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Erst mit der amtlichen Veröffentlichung wird das Urteil für die Finanzbehörden verbindlich und ist anzuwenden.
Hin- und Rücklieferung von Strom bleibt
Betreiber eines BHKW speisen den nicht selbst genutzten Strom meist gegen Vergütung in das Versorgungsnetz ein. Die Finanzverwaltung unterstellt bei der Umsatzsteuer die Lieferung des gesamten erzeugten Stroms an den den Netzbetreiber. Für den tatsächlich selbst genutzten und gar nicht eingespeisten Strom wird eine Rücklieferung des Netzbetreibers an den BHKW-Betreiber angenommen.
Der BMF bestätigt ausdrücklich die weitere Geltung dieser Regelung für BHKW. Auch für »alte« PV-Anlagen gilt die Regelung weiter, nicht aber für Anlagen, die nach dem 31. März 2012 in Betrieb gingen.
Stromentnahme zum Marktpreis, nicht zu Selbstkosten
Wird erzeugter Strom selbst genutzt (die »Rücklieferung«), gilt als Entnahmewert der ortsübliche Wert, nicht die Selbstkosten. Der BMF folgt hiermit dem BHF-Urteil und verwirft seine bisherige Regelung.
BMF bewertet Wärmenutzung mit Selbstkosten,
Wird die Wärme selbst genutzt, ist der sog. Eigenverbrauch umsatzsteuerpflichtig. Fraglich war die Bemessungsgrundlage, insbesondere bei Ansatz der Selbstkosten.
Der Erlass schafft Klarheit. Bemessungsgrundlage der Wärmenutzung ist wie beim Strom der fiktive Einkaufspreis für Wärme. Voraussetzung soll die tatsächliche Erreichbarkeit der Fremdwärme sein. Diese wiederum soll den Anschluss an ein Fernwärmenetz oder den jederzeitigen einfachen und preiswerten Zugriff auf andere Wärmequellen erfordern. Die Einbeziehung der anderen Wärmequellen, wie u. b. mobiler Wärmequellen, soll wegen der erforderlichen aufwändigen Investitionen regelmäßig ausscheiden.
Ist hiernach kein Fremdbezug von Wärme möglich, bemisst sich der Entnahmewert nach den Selbstkosten. In der Praxis wird dies der Regelfall sein. Die Gesamtkosten sind dann nach dem Verhältnis der erzeugten Energien aufzuteilen. Andere Aufteilungsmethoden werden ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Einheitlicher Aufteilungsmaßstab sind die kWh Strom und Wärme. Der deutliche Preisunterschied zwischen der kWh Strom und Wärme ist nach Ansicht des BMF unbedeutend.
Bei einer Produktion von 7 kWh Wärme und 30 kWh Strom sollen somit 70% der Selbstkosten auf die erzeugte Wärme entfallen. Der so ermittelte Wert der Wärme liegt systematisch deutlich über dem marktüblichen Preis. Korrespondierend sind die Erzeugungskosten des Stroms zu niedrig.
... eröffnet aber ein Hintertürchen
Zum Ende der Ausführungen zur Wertermittlung rudert der BMF im Ergebnis völlig zurück. Er erlaubt auf Antrag den Ansatz der bundesdurchschnittlichen Kosten für Fernwärme. Der Ansatz ist an keine weiteren Bedingungen geknüpft. Ein verfügbarer Fernwärmeansatz wird nicht gefordert.
Mehr vollständigkeitshalber führt der Erlass aus, dass die Regelungen zur Entnahme analog für die verbilligte Abgabe an nahe stehende Personen gelten. Die Entnahmewerte stellen den Mindestwert dar, wenn der Abgabepreis unter dem Mindestwert liegt.
Regelungen für Wiederverkäufer
Für Wiederverkäufer gelten bei Abrechnung der Umsatzsteuer Sonderregelungen. Die aus der Bauwirtschaft bekannte Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG wird eingeführt. Die Steuerschudnerschaft der Umsatzsteuer wechselt vom Lieferanten auf den Kunden. Der Stromlieferant liefert jetzt umsatzsteuerfrei. Neuer Steuerschuldner der Umsatzsteuer auf die erhaltene Lieferung wird der Stromkunde. Dessen Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bleibt unverändert.
Das geänderte Verfahren ist aufkommensneutral. Es ändert den formellen Weg der Steuererhebung, nicht die Höhe der Steuer.
Wiederverkäufer ist, wer mehr als 50% des eingekauften Stroms weiterverkauft. Selbst erzeugter Strom wird in der Berechnung nicht berücksichtigt.
Zum Wiederverkauf in diesem Sinn wird der Stromverkauf aus einem BHKW führen. Gemeint ist der Verkauf an Dritte, nicht die Netzeinspeisung. Der selbst erzeugte Strom bleibt zwar unberücksichtigt, der eingekaufte Zusatz- bzw. Reservestrom wird jedoch vollständig verkauft und überschreitet damit die 50%-Grenze.
Betroffen sind Stromerzeuger, die ihren Überschussstrom selbst vermarkten. Dies sind z. B Wohnungseigentümergemeinschaften, die den Strom an die Wohnungseigentümer/Mieter verkaufen.
Versteckte Regelungen für Stromspeicher
Im Erlassteil zur Photovoltaik. verstecken sich Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Stromspeichern.
Die auf den ersten Blick präzisen Regelungen lassen Fragen offen. Der Vorsteuerabzug ist zu 100% möglich, wenn der Speicher dem Unternehmen zu mehr als 10% dient. Über den Prozentsatz entscheidet, ob der Speicher oder die Gesamtanlage von Stromerzeugung und -Speicher umsatzsteuerlich ein «eigenes Zuordnungsobjekt« ist. Abgrenzungskriterien gibt der Erlass nicht.
Zur Vorsicht mahnt ein Urteil des Finanzgerichtes (FG) München zu Photovoltaikzellen und dem zugehörigen Wechselrichter. Das FG sah als Stromerzeugungsanlage ausschließlich die Strom erzeugende Photovoltaikzellen an. Der Wechselrichter diene zur Weiterverarbeitung des bereits erzeugten Stroms und sei kein Bestandteil der Erzeugungsanlage.
Der BMF lässt die Frage nach dem eigenen Zuordnungsobjekt ausdrücklich offen.
Ausblick
Mit dem Erlass ist ein Etappenziel erreicht, das Rennen geht weiter. Der Erlass ist eine Dienstanweisung des Bundesfinanzministeriums und bindet untergeordneten Behörden. Rechtsgrundlagen werden hierdurch nicht geschaffen. BHKW-Betreiber und Finanzgerichte können unverändert abweichende Auffassungen vertreten. In Anbetracht des im Erlass häufig genutzten Begriffes »regelmäßig« und der umstrittenen Einbeziehung nicht vorsteuerbehafteter Kosten in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer sind künftige Streitverfahren wahrscheinlich.
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