Der BFH entschied zur Umsatzsteuer bei Geschäften in virtuellen Welten (The Sandbox, Decentraland ...) und zur Umsatzsteuerpflicht in-game-Geschäften und von Spielwährung.
Damit gibt es ein erstes Urteil zur Umsatz besteuerung von NFT und in-game Umsätzen und weitere Hinweise zur steuerlichen Behandlung von NFT.
Die steuerliche Behandlung von NFT wird klarer.
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied mit Urteil vom 18.11.2021 (V R 38/19), dass die virtuelle Vermietung innerhalb eines Online-Spiels keine Leistung im Sinne des UStG darstellt.
Vordergründig geht es nur um die Umsatzsteuerpflicht von in-game "Umsätzen" und Spieltoken.
Das anomysierte Urteil betraf die Uralt-Spielwelt Second Life, ist aber für alle Freunde virtueller Welten höchst aktuell. Tatsächlich stellte der BFH grundsätzliche Regeln zur Umsatzbesteuerung von NFT und zur Steuerpflicht im Metaverse auf. Für Nutzer von The Sandvox (Token: $SAND), Decentraland (Token: $MANA), AXIE infinity (Token: $AXS) und ähnlichen Welten lohnt daher eine Beschäftigung mit den rechtlichen Tretminen.
Streitig waren die umsatzsteuerlichen Folgen bei
• der Vermietung von virtuellem Land oder sonstigen "Umsätzen" in der Spielwelt
• Umtausch von Spielwährung in Fiat und
• und der Ort des Umsatzes der möglichen Leistungen.
Art und Ort des Umsatzes entscheiden darüber, ob eine Leistung in Deutschland überhaupt steuerpflichtig ist.
Währungen einer Onlinespielwelt /Spieltoken und NFT teilen viele Gemeinsamkeiten. Damit ist das Urteil ohne ausdrückliche Nutzung des Begriffes für die Umsatzbesteuerung von NFT bedeutsam.
Der Bundesfinanzhof unterschied zunächst zwischen reinen in-game "Umsätzen" und "Verträgen" sowie Umsätzen zwischen den Spielparteien bzw. dem Betreiber des Spiels in der Realwirtschaft, dem real-life.
Der BFH urteilt weiter, dass "Umsätze" und "Verträge" in der Spielwelt lediglich Teil des Spielgeschehens sind und im real-life ohne umsatzsteuerliche Auswirkungen bleiben. Sie stellen keine Umsätze im rechtlichen Sinne und keine im Realleben gültige Verträge dar. Zur Vermeidung von Verwechselungen setzte der Gerichtshof die Begriffe "Umsätze" und "Verträge" (in der Spielwelt) fortan in Anführungszeichen.
"Aus der Adaption rechtlicher Begriffe ... kann daher nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass damit eine über das Spielerlebnis hinausgehende Bedeutung oder gar ein -real-rechtserhebliches Handeln verbunden sein sollte. Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist der wirkliche Wille der Beteiligten zu erforschen..."
Umsatzsteuerliche Folgen ergeben sich nur, soweit die Realwirtschaft betroffen ist, z. B. beim Umtausch von Spielwährung in Fiat. Hier greift dann das übliche Prüfschema der Umsatzsteuer. Damit ist zu prüfen, wer mit wem welchen Umsatz tätigt und wo der Ort des Umsatzes ist.
Ab wird die Urteilsbegründung höchst interessant für aktuelle Rechtsfragen bei NFT.
Der BFH entschied, dass nur der Verkauf von Spielwährung gegen Fiat einen Umsatz in der Realwirtschaft darstellt. Eben dies ist die Rechtsfrage, die bei vielen Umsätzen mit NFT besteht.
Die Umsätze wurden der Art nach als steuerpflichtig behandelt.
Steuerfreie Umsätze, wie beim Umsatz von BTC oder Coins, die einen Zahlungscharakter haben, sah das Gericht nicht. Es knüpfte damit ohne explizite Ausführungen an das Urteil des EuGH zur Umsatzsteuerfreiheit von Umsätzen mit BTC an. Obwohl weitgehend ungern zur Kenntnis genommen, entschied der EuGH eben nicht, dass alle Umsätze mit Kryptocoins steuerfrei seien. Er formulierte vielmehr, dass die Umsätze von Coins steuerfrei sind, soweit sie eine Zahlungsfunktion haben. Damit blieben Fragen der Umsatzbesteuerung anderer Coins/Token ausdrücklich offen.
Umsätze eines leistenden Unternehmers sind jedoch in Deutschland nur steuerpflichtig, sofern sie in Deutschland erfolgen oder eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf den empfangenden Unternehmer erfolgt.
Nach den Regeln der Spielwelt konnten der Verkauf der Spielwährung (NFT) nur durch Einschaltung des Spielbetreibers über dessen Plattform erfolgen. Der Spielbetreiber trat hierbei auch beim Verkauf von Coins zwischen Usern als so genannter Kommissionär auf.
Diese besondere Gestaltung hatte zwei entschiedene Auswirkungen:
• Der Verkauf erfolge umsatzsteuerlich nicht zwischen den Usern, sondern zwischen dem User und dem Spielbetreiber.
• Der Ort Umsatzes befindet sich am Ort des leistenden Unternehmers, hier dem in den USA ansässigen Spielbetreiber und war damit in Deutschland ohne umsatzsteuerliche Bedeutung.
Die leistenden Parteien und der Ort der Leistungen folgten der besonderen Gestaltung der Spielwelt. Bereits eine geringe Änderung des Regelwerks kann zu anderen am Umsatz beteiligten Parteien führen, z. B. einen Direktumsatz User-User und zu einem anderen Umsatzort, der damit auch im Geltungsbereich des deutschen Umsatzsteuergesetzes liegen kann.
Auch wird es sich in vielen Fällen um auf elektronischem Weg erbracht Dienstleistungen handeln. Dann kann nach dem ausdrücklichen Hinweis des BFH eine Umkehr der Steuerschuld vom Verkäufer auf den deutschen erwerbenden Unternehmer eintreten (§13b UStG).
Und wieder stellt auch hier die allgegenwärtige Frage des Vollzugsdefizits oder auch "wer merkt das denn". Aber dies ist eine andere Geschichte.
Das Urteil ist bei Veröffentlichung dieses Artikels noch nicht im Bundesssteuerblatt veröffentlicht. Die allgemeine Anerkennung der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus steht aus.
Sofern "Umsätze" in einer Spielwelt tatsächlich unbedeutend sind, kann die Verlagerung Umsatzbesteuerung bei Auszahlung der Coins in Ländern mit geringer/fehlender Umsatzbesteuerung möglich werden.
Fraglich ist auch, ob die Auffassung der Folgenlosigkeit des Spielgeschehens für die Ertragsteuern übernommen wird. Bei der Ertragsteuer sieht die Finanzverwaltung derzeit eine Gewinnrealisiereung bei jedem Tausch Coin - Coin, nicht erst bei der Auszahlung Coin - Fiat. Auch hier könnte ein Weg zu willkürlichen Gewinnverlagerungen geöffnet werden.
Das Urteil stellt an vielen Punkten stark auf einen besonders gestalteten Einzelfall ab. Damit ist es nicht risikolos auf andere Gestaltungen übertragbar. Interessant sind auch die Ausführungen zur im Urteilsfall nicht bejahten Auswirkung auf das real-life. So gab es auch in Second Life schon als Werbeträger vermietete Flächen und sogar Zeppeline, die für Unternehmen des echten Lebens warben. Hier sollte die Werbung im Spielgeschenen gerade Auswirkungen auf das echte Wirtschaftsleben haben. Ein Urteil zu dieser Vermietung könnte anders aussehen.
Second Life war gestern. Heute sind Metaverse, the Sandbox und ähnliche Welten.
Heute sind die nach dem Urteil noch offenen Fragen. Die sollte sich jeder Nutzer von NFT zur Vermeidung eines möglichen hohen Steuerschadens rechtzeitig stellen.
Rechtshinweis
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